HR-lexikon
Arbeitszeitbetrug
Januar 2025 Nils Josef Busse
Arbeitszeitbetrug: Erkennen, rechtssicher handeln und gezielt vorbeugen
Arbeitszeitbetrug zählt zu den gravierendsten Vertrauensverstößen im Arbeitsverhältnis – mit teils erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen für Unternehmen. Es handelt sich um absichtliche Falschangaben zur tatsächlichen Arbeitszeit, etwa durch unerlaubte Pausen, manipulierte Zeiterfassungen oder vorgetäuschte Präsenz im Homeoffice.
  • Arbeitgeber sind gefordert, klare Regelungen zur Zeiterfassung zu etablieren, Verdachtsfälle sauber zu dokumentieren und geeignete Maßnahmen zur Prävention einzuführen.
Busse & Company zeigt, wie Sie Arbeitszeitbetrug frühzeitig erkennen, rechtssicher reagieren und langfristig vermeiden können.
Was genau ist Arbeitszeitbetrug – und worin liegt die rechtliche Relevanz?
Wenn Mitarbeitende ihre tatsächliche Arbeitszeit bewusst falsch angeben, liegt Arbeitszeitbetrug vor – ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten mit potenziell gravierenden Konsequenzen.
  • Seit 2022 sind Unternehmen verpflichtet, Arbeitszeiten lückenlos zu erfassen – eine Maßnahme, die auch der Bekämpfung von Arbeitszeitbetrug dient.
  • Die rechtliche Grundlage bildet der Arbeitsvertrag, in dem sowohl Arbeitszeit als auch Dokumentationspflichten geregelt sind.
Wichtig ist die Abgrenzung zu unbeabsichtigten Verstößen: Nur bei vorsätzlicher Täuschung liegt tatsächlich Arbeitszeitbetrug vor.
Typische Merkmale und Erscheinungsformen von Arbeitszeitbetrug
Ob durch kleine Tricks oder systematischen Missbrauch – Arbeitszeitbetrug kann vielfältige Formen annehmen. Laut Studien verlieren Unternehmen jährlich hunderte Stunden pro Mitarbeitendem durch nicht erfasste Fehlzeiten.
Häufige Varianten sind:
  • unberechtigte Verlängerung von Pausen
  • verspätetes Erscheinen oder frühzeitiges Verlassen
  • private Aktivitäten während der Arbeitszeit (z. B. Internetnutzung)
  • Buddy Punching“ – Kollegen stempeln füreinander
  • Homeoffice-Missbrauch durch Scheinaktivität
  • technische Manipulation von Zeiterfassungssoftware
Diese Methoden untergraben nicht nur das Vertrauen im Team, sondern verursachen reale wirtschaftliche Schäden, die sich in Produktivitätsverlust und Kosten niederschlagen.
Arbeitszeitbetrug im Homeoffice: Unsichtbare Risiken
Das Arbeiten aus dem Homeoffice bietet zwar Flexibilität, erschwert aber die direkte Kontrolle. Führungskräfte berichten zunehmend von Produktivitätsschwankungen und Leistungseinbußen.
  • Besonders kritisch ist die sogenannte digitale Anwesenheitstäuschung: Mitarbeitende lassen Programme Mausbewegungen simulieren oder suggerieren Aktivität durch technische Tricks.
  • Unternehmen müssen zwischen Kontrolle und Vertrauen abwägen – dabei helfen klare Richtlinien, technische Schutzmaßnahmen und transparente Kommunikation.
Die Herausforderung besteht darin, Homeoffice-Strukturen vertrauensvoll, aber dennoch nachvollziehbar zu gestalten.
Was droht bei Arbeitszeitbetrug? Rechtliche Konsequenzen für Beschäftigte
Bei nachweislichem Arbeitszeitbetrug sind arbeitsrechtliche Schritte bis hin zur fristlosen Kündigung möglich – selbst bei vermeintlich geringfügigen Verstößen. Mögliche Sanktionen sind:
  •  Abmahnung bei Erstverstößen
  •  ordentliche oder fristlose Kündigung bei Wiederholung oder Täuschungsabsicht
  •  Verdachtskündigung bei stichhaltigen Indizien
  •  In Extremfällen strafrechtliche Konsequenzen (z. B. Geldstrafe oder Freiheitsstrafe)
Gerichte prüfen individuell, wie schwer der Vertrauensbruch wiegt. Arbeitnehmer haben im Fall einer Kündigung drei Wochen Zeit, um rechtlich dagegen vorzugehen.
Arbeitszeitbetrug durch Arbeitgeber – das andere Extrem
Nicht nur Arbeitnehmer können täuschen – auch Arbeitszeitbetrug durch Arbeitgeber ist leider Realität.
Formen des Missbrauchs sind:
  •  gezielte Kürzung von Zeiterfassungsdaten
  •  Nichtbezahlung von Überstunden
  •  unzulässige Veränderung von Pausenzeiten
  •  Unterdrückung von Zeitausgleich oder Gleitzeitansprüchen
Betroffene Mitarbeitende sollten ihre Rechte kennen und sich notfalls juristisch wehren. Busse & Company rät zur genauen Dokumentation und ggf. Einschaltung des Betriebsrats oder Arbeitsgerichts.
Wie lässt sich Arbeitszeitbetrug verhindern? Strategien zur Prävention
Eine starke Präventionsstrategie beginnt mit Transparenz, Vertrauen und Technik. Unternehmen sollten klare Regeln definieren und das Thema Arbeitszeitbetrug aktiv in der Unternehmenskultur adressieren.
Erfolgreiche Präventionsmaßnahmen sind z. B.:
  • Einführung verlässlicher Zeiterfassungssysteme
  • regelmäßige Schulungen zur Arbeitszeitdokumentation
  • transparente Kommunikation über Konsequenzen
  • interne Meldestellen für anonyme Hinweise
  • flexible Arbeitszeitmodelle zur Entschärfung von Fehlverhalten
Arbeitszeitbetrug lässt sich nicht vollständig vermeiden – aber durch Aufklärung, Vertrauen und Technologie deutlich eindämmen.
Digitale Zeiterfassung als Lösung? Chancen und Grenzen
Moderne Zeiterfassungssysteme sind ein wichtiger Baustein zur Prävention – allerdings kein Allheilmittel.
Vorteile:
  • präzise und revisionssichere Arbeitszeiterfassung
  • automatisierte Auswertungen für HR und Führungskräfte
  • Entlastung der Lohnbuchhaltung
Herausforderungen:
  • Kosten und technische Hürden bei Einführung
  • Datenschutzfragen bei sensiblen Daten
  • mögliche Skepsis im Team
Unternehmen müssen bei der Einführung den Dialog mit Mitarbeitenden suchen – besonders beim Einsatz von biometrischen oder verhaltensbasierten Systemen. Die DSGVO setzt hier klare Grenzen.
Die Rolle des Betriebsrats bei Arbeitszeitbetrug
Der Betriebsrat spielt eine zentrale Rolle, wenn es um faire Arbeitszeiten und den Umgang mit Arbeitszeitbetrug geht.
  • Er kann bei der Einführung von Zeiterfassungssystemen mitbestimmen
  • Er prüft Verdachtsfälle und sorgt für transparente Aufklärung
  • Er begleitet betroffene Mitarbeitende in Konfliktsituationen
  • Er achtet auf gerechte und gesetzeskonforme Arbeitszeitmodelle
Ein aktiver Betriebsrat ist oft der Schlüssel zur frühzeitigen Aufdeckung und Deeskalation bei Verdachtsfällen.
Arbeitszeitbetrug im internationalen Vergleich
Arbeitszeitbetrug ist kein rein deutsches Problem – weltweit kämpfen Unternehmen mit ähnlichen Herausforderungen.
  • In Deutschland gelten strenge Regelungen zur Arbeitszeit – etwa die gesetzliche Ruhezeit von elf Stunden.
  • In anderen Ländern existieren dagegen großzügigere oder weniger kontrollierte Modelle.
  • Der kulturelle Umgang mit Arbeitszeit und Kontrolle unterscheidet sich deutlich – und beeinflusst auch den rechtlichen Rahmen.
Für international tätige Unternehmen ist es wichtig, lokale Gesetze, kulturelle Unterschiede und technische Möglichkeiten zu kennen – und dennoch weltweit einheitliche Werte wie Vertrauen, Fairness und Verantwortung zu leben.
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